Der Narzisst und der Beziehungsverlauf aus Sicht der Partnerin

2024 ©Evelina Blum

Beziehungsverlauf mit einem narzisstischen Partner

Ein seltsames Verhalten hier, eine respektlose Bemerkung dort. Manche Vorfälle dieser Art lassen mehr vermuten, aber dieses ungute Gefühl wird schnell verdrängt. Die Partnerschaftsgewalt ist gut getarnt. Dieser Mann ist eine charismatische Persönlichkeit. Keine Frage! Er hat ein charmantes Lächeln und kann sich gut ausdrücken. Er ist erfolgreich und strahlt nach außen eine völlige Makellosigkeit und Perfektion aus. Manche kommen eher unscheinbar daher und haben doch den Glanz und die Macht, selbst die schönsten Frauen an sich zu binden.
Ist er tatsächlich diese Art Mann, der die Beziehung und seine eigene Partnerin zugrunde richten wird? Was ist nur gestresstes Verhalten und wo beginnt die emotionale Gewalt?

Anhand einem Beispiel zeige ich auf, wie die Beziehung mit einem narzisstischen Menschen aussehen könnte. Eigene Erfahrungswerte und verschiedene Blickwinkel geben diesem Vorgang allerdings ein sehr unschönes Gesicht. Ich schreibe hier aus der Sicht einer betroffenen Frau.

Beziehungsverlauf einer toxischen Beziehung

Träume, Zukunftsvorstellungen, gemeinsame Interessen. Zunächst passt alles perfekt zusammen.
Die Partnerin fühlt sich toll. Sie wird geachtet und in den Himmel gehoben und fragt sich selbst, warum gerade ihre Person so geliebt und angebetet wird. Diese Fragestellung wird jedoch immer unwichtiger. Es ist ein schönes Gefühl, sich endlich begehrt und akzeptiert zu fühlen. Die Betroffene bekommt Aufwind durch den neuen Partner. Sie steht ganz im Fokus dieser charismatischen Persönlichkeit.
Die Beziehung entwickelt relativ schnell. Dass er äußerlich vielleicht nicht dem entspricht, was sie sich vorgestellt hat, ist jetzt egal. Ihre Liebe wird bald bis in den Himmel wachsen. Kleine, unwichtige verbale Aussetzer tut sie als Überarbeitung oder anderweitigen Stress ab. Sie schiebt ihr Unwohlsein von sich und konzentriert sich voll auf den Partner, der für sein unangebrachtes Verhalten jederzeit gute Gründe vorweisen kann. Er erzählt ihr, wie schlecht seine letzte Partnerschaft war und wie sehr er gelitten hat. Natürlich wird sie versuchen, diese schmerzhaften Verhaltensmuster aus ihrer Beziehung zu verbannen. Sie wird ihm beweisen, dass es auch anders geht.
Haben beide Kinder mit einem anderen Partner, erschwert dies die Situation zusätzlich. Sein seltsames Verhalten gegenüber ihrem Nachwuchs nimmt sie deshalb nicht so ernst. Sie erklärt ihre Sichtweise und macht Verbesserungsvorschläge.
Sehr nett von ihr, nicht wahr?

Unwohlsein

Unmerklich beginnt sie sich ungewohnt schlecht zu fühlen. Sie ist etwas zerstreut. Ihre Gedanken hören nicht auf zu kreiseln. Ihre innere Ruhe kehrt nicht mehr ein. Es wird der allgemeine Stress sein, denkt sie. Sie weiß, dass es in dieser Beziehung noch Probleme gibt, die gelöst werden müssen. Er ist oft ungeduldig und kritisiert sie mehr als in der ersten Zeit. Ihr Stress verstärkt das Ganze noch. Sie muss ruhiger werden, dann kommt wieder alles in Ordnung.
Vieles hat sie schon an sich verändert. Seine Kritikpunkte, die oft Enttäuschung signalisierten, hat sie mit Leichtigkeit verschwinden lassen. Sie weiß nicht, warum sie sich noch Sorgen macht. Er sagt ihr, dass er sie liebt. Also muss doch auch alles in Ordnung sein.

Verzicht

In manchen Situationen stellt sie jedoch staunend fest, dass der Mann ganz anderen Interessen und Verhaltensmustern nachgeht wie zuvor behauptet. Da muss sie vieles falsch verstanden haben. Nun findet er es langweilig, mit ihr ins Kino zu gehen. Auch lästige Angewohnheiten stellen sich ein. Er schaut gerne Pornos und ist hin und wieder ganz aufreizend an anderen Frauen interessiert. Die Gespräche verlaufen jetzt auch ein bisschen anders.
Er räumt zwar manchmal ein, sich falsch zu verhalten, unterstellt ihr aber Absichten: Sie wäre nicht an seinem Wohl interessiert. Sie wäre eifersüchtig, kleinkariert und zänkisch. Mit der Zeit lässt sie ihn lieber machen, was er möchte. Das Geplänkel mit den anderen Frauen stuft sie als harmlos ein. "Männer sind eben so." Dass er sie jetzt manchmal als faul und dumm tituliert, hat auch nichts zu bedeuten. Im Streit sagt jeder einmal etwas, was er nicht so meint.
Gerade eben hat er ihr noch gestanden, dass er sie liebt und verlangt, dass sie ihm dies auch sagt.

Missverständnisse

Ein diffuses Gefühl der Verunsicherung und der Verlorenheit bleibt trotzdem zurück. Auch wenn sie nicht mit ihm zusammen ist, läuft ihr Körper auf einer Art Alarmstufe. Er verteilt verbale Botschaften, mit denen sie nicht umgehen kann. Vieles stellt er verdreht dar oder die Inhalte entsprechen nicht der realen Situation. In ihrer freien Zeit versucht sie dem Sinn dieser seltsamen Gesprächsinhalte auf die Spur zu kommen und Lösungswege für die verschiedenen Probleme zu finden.
Erklärungen von ihm helfen ihr dabei, seine Sicht der Dinge zu verstehen. Sie muss einsehen, dass vieles so ist, weil sie den Haushalt nicht im Griff hat oder Konfliktsituationen die falsche Bedeutung zuordnet.

Sie versucht sich in ihn hineinzuversetzen und schon im Vorfeld seinen Wünschen entsprechend zu handeln. Erfolglos, wie sich schnell herausstellt. Die Probleme lassen sich mit dieser Strategie nicht lösen. Die scheinbaren Missverständnisse nehmen sogar noch zu, je mehr Gespräche es gibt. Am Anfang der Beziehung hatte er ihre Sätze liebevoll zu Ende gesprochen, jetzt reden beide aneinander vorbei. Sie versucht die ausufernden Gesprächsinhalte zu verinnerlichen und eine Klärung herbeizuführen, aber auch diese Vorgehensweise ist nicht zielführend. Er geht den Gesprächen aus dem Weg oder entzieht sich. Verständlich, wie sie meint. Er ist halt genervt von ihr.
Sie schreibt ihm kleine Mitteilungen und versucht auf diese Art, ihm ihre Denkweise näherzubringen. Zuerst reagiert er noch auf ihre hilflosen Versuche, die Harmonie einer längst vergangenen Zeit wiederherzustellen, aber irgendwann erhält sie auch hier keine Antwort mehr.

Kinder und Haushalt 

Die Kinder werden auch immer mehr zu einem Problem. Diese tun scheinbar ihr Bestes, um die Beziehung zu gefährden. Seiner Meinung nach!
Hat er eigene Kinder, bleiben diese außen vor. Immer ist es nur der Nachwuchs der Partnerin, mit dem es Probleme gibt. "Sie käme mit der Erziehung nicht zurecht." Mit versteckten Andeutungen wird sie darauf aufmerksam gemacht. Offen sagt ihr Partner selten etwas direkt in die Richtung der Kinder, da er sich gut mit ihnen stellen will. Dieses Verhalten schmerzt sie, denn die Konflikte mit ihnen nehmen tatsächlich immer mehr zu. Sie muss feststellen, dass er recht hat. Die Kinder verstehen einfach nicht, dass sie sich nur anders verhalten müssten und schon wäre alles in Ordnung. Der Umgang mit ihnen wird täglich schwieriger. Sie grübelt und grübelt, wie das Problem zu lösen ist.

Sogar wenn es um die eigenen Kinder geht, zeigt er sich eifersüchtig. Zuerst freut es sie, dass er mit ihr allein sein möchte, aber unmerklich spürt sie den Druck. Er fordert Zeit ein, die sie ihm nur mühsam zugestehen kann. Ihr fehlt die innere Ruhe, sich ausreichend um die Kinder zu kümmern. Zusätzlich fördert er Situationen, in denen sie als Mutter peinlich berührt, zurückbleibt. Auch in freundschaftlichen Lebenskreisen begegnet er ihr nur selten partnerschaftlich und lässt sie vor anderen Personen schlecht dastehen. Insbesondere wenn es um die Kinder geht, verhält er sich auf diese Weise. Wenn sie ihn darauf anspricht, weiß er nicht, was sie von ihm will. Sie sei zu empfindlich und regt sich umsonst auf.

Lügen und Streit

Er lügt jetzt auch mehr, stellt sie entsetzt fest.
Vorher waren es nur kleine Notlügen; nun vermutet sie, dass er Streit vermeiden will, damit sie sich nicht aufregt. Verständlich, wie sie meint. Sie muss ihm mehr Freiheiten einräumen, damit er sich nicht Unwahrheit und Notlüge verliert. Er würde sicherlich bei der Wahrheit bleiben, wenn sie ihm freundlicher begegnen würde. Schließlich möchte er ihr nicht absichtlich wehtun. Er ist ja so ein netter Mann.
Am Anfang der Beziehung war er so reizend zu ihr und sie hat sich gut gefühlt. Es wäre doch gelacht, wenn sie dieses Hochgefühl nicht wieder erreichen könnte. Sie kauft sich andere Kleidung, schminkt sich etwas mehr und gibt sich frei und unbeschwert. Das mag er nämlich sehr. Sie setzt alles konsequent um und sieht endlich den Erfolg.

Sie wird wieder gelobt und in den Himmel gehoben und er ist wenigsten phasenweise der Mann, den sie einst kennengelernt hat.

Vernachlässigung und Isolation

Mit der Zeit fühlt sie sich jedoch wie gelähmt.
Wenn er in der Nähe ist, kann sie sich nicht richtig konzentrieren. Die familiäre Situation mit den Kindern zerrt ebenfalls an ihren Nerven. Deshalb hat sie schon alles nach seinen Wünschen ausgerichtet, bevor er nach Hause kommt. Schließlich soll es ein schöner Tag werden und nicht wieder in unerfreulichen Auseinandersetzungen und Streit enden.
Die Zeit vergeht und es scheint auch immer besser zu werden, nur dass sie sich oft müde fühlt. Die Beziehung ist anstrengend und sie stellt fest, dass sie keine Lust mehr hat, irgendetwas zu unternehmen oder sich mit ihren Freundinnen zu treffen. Da ihr die Motivation dazu fehlt, hat sie automatisch ein weiteres Problem gelöst. Ihre Freizeitaktivitäten gefallen ihm nicht, dessen ist sie sich längst bewusst. Obwohl er selten darüber redet, bemerkt sie diese Einstellung anhand seiner abfälligen Bemerkungen. Auf ihre Familie und ihr direktes Umfeld ist er ebenfalls nicht gut zu sprechen. Sie distanziert sich von ihrem Familienkreis, damit er endlich Ruhe gibt. Hat sie alles im Griff und kann bestimmte Leute fernhalten, läuft die Beziehung in relativ ruhigen Bahnen.
Immer deutlicher tritt hervor, dass sie allein dafür zuständig ist, dass alles seinen Platz hat und er zufrieden sein gemeinsames Leben mit ihr genießen kann. Wenn die Kinder und der Rest der Familie nicht allzu viel Raum einnehmen und sich nichts störend auswirkt, entsteht in ihr das alte Gefühl von Sicherheit.
Er selbst bringt sich in die Beziehung kaum ein. Manches negative Verhalten lässt er zwar weg, aber immer nur für wenige Tage oder Wochen. Sie dagegen muss lieb gewonnene Tätigkeiten und Personen aufgeben, aber das macht sie ja gern für diesen Mann. Die neue Freundin war schon immer etwas komisch, warum also noch mit ihr befreundet bleiben. Er macht sich halt Sorgen um sie.

Und es ist wie früher.

Wortbruch und Kontrolle

Schlechte Tage gibt es in jeder Partnerschaft. Das ist ganz normal!
Mit der Zeit nimmt er sich jedoch immer mehr heraus und wertet sie ganz offen ab. Ihre Bemühungen, die Beziehung zu gestalten, gefallen ihm nicht. Sie gibt sich zu viel Mühe oder zu wenig. Dummerweise hängen seine Kritikpunkte leider von Faktoren ab, auf die sie keinen Einfluss hat. Hat er Stress auf der Arbeit, kippt die Situation zu Hause sofort ins Negative und sie kann nichts richtig machen.
Zudem geht er dazu über, getroffene Absprachen zu brechen. Dieses Recht hat sie scheinbar nicht. Für ihn gibt es immer nachvollziehbare Gründe, etwas zu tun, was ihr versagt bleibt. Sie hat nur eine viel zu engstirnige Haltung, um dafür Verständnis dafür zu haben. Diese Einschätzung soll sie bitte akzeptieren und ihre Denkweise nach Möglichkeit ändern oder wenigstens anpassen. Überhaupt ist vieles ihr Verschulden. Ihn beim Lügen zu ertappen, ist ebenso ihre Schuld. Sie ist einfach zu penetrant, reagiert völlig überzogen und fordert zu viel Rechenschaft. Sie mutet ihm schon eine Menge zu.

Deshalb darf er auch ihr Handy kontrollieren. Sie will ihm eine gute Partnerin sein und ihm zeigen, dass er ihr vertrauen kann. Seine Ex hatte früher wie wild mit anderen Männern geschrieben, da darf er gerne sehen, dass sie sich anständig benimmt. In Zukunft wird sowieso vieles besser werden, dessen ist sie sich sicher. Wenn er endlich einsieht, wie sehr sie ihn liebt, wird er sein Misstrauen beenden und seine Eifersucht endlich aufgeben.

Sie freut sich schon auf die Zeit, in der er ihr vertraut und sie nicht mehr mit anderen Personen vergleicht.

Krankheit

Es wird nicht besser.
Statt in Ruhe und Frieden zu leben, wird sie noch öfter krank oder hat Migräne. Ihre Wahrnehmung ist verzerrt und alles ist wie im Nebel. Sie flüchtet in die Krankheit und ist froh, Zeit zum Ausruhen zu haben. Trotzdem stellen sich Herzrhythmusstörungen und ungewöhnlich lange Regelblutungen ein. Der Arzt fragt sie nach nervlichen Belastungen. Die Frau sitzt zu Hause und grübelt. Was hat sich verändert? Nichts hat sich verändert, außer dass sie ihren Traummann getroffen hat.
So schön, wie es am Anfang war, konnte es ja nicht bleiben. Dass eine Partnerschaft Probleme macht, weiß doch jeder. In anderen Beziehungen sei dies ebenfalls nicht anders, sagen auch die verbliebenen Freundinnen. Das allein kann nicht der Auslöser sein. Sie muss wieder in Ordnung kommen und sich erholen.
Er fühlt sich überlastet. Wenn sie krank ist, muss er sich um alles kümmern. Schade, dass er keine Zeit hat, mit ihr nach Lösungen für ihr Problem zu suchen. Statt ihr entgegenzukommen, bleibt er abends immer länger weg. Allein den Abend zu verbringen, gefällt ihr nicht und seine schlechte Laune ist unerträglich.

Sie sei nicht nur engstirnig, sondern auch faul. Das muss doch auch etwas zu bedeuten haben. Sie war früher niemals faul. Vielleicht ist sie ja doch ernsthaft krank? Ist das alles normal?

emotionale Gewalt?

Doch dann gibt es wieder die schönen Zeiten, wo alles ist wie früher. In denen er erzählt, wie wunderbar alles werden wird, wenn sie nur ...
Deshalb geht sie auf die Suche. Was könnte sie noch besser machen? Brigitte-Ratgeber und Freundin-Ratgeber geben ihr Problem nicht wieder. Sie schaut ins Internet und findet Beiträge über emotionale Gewalt. Dort taucht das erste Mal der Gedanke auf, dass es nicht an ihr liegt, dass die Probleme so drastisch zunehmen.
Sie verbringt viel Zeit mit Lesen und findet ähnliche Fälle. Richtig identifizieren kann sie sich damit nicht. Emotionale Gewalt kann es nicht sein. Partnerschaftsgewalt schon gar nicht. Er schlägt sie nicht und ist auch sonst kein gewalttätiger Mensch. Er geht nur ungeniert seinen Vorlieben nach und denkt zu wenig an ihre Gefühle. Sein grenzwertiges Verhalten reflektiert er kaum. Leider!
Immer mehr Situationen tauchen auf, die sie hilflos und mit verletzten Gefühlen zurücklassen. Immer schmerzvoller wird die Beziehung. Er wird immer eifersüchtiger auf die Kinder, auf die Umgebung und auf alles, was ihre Aufmerksamkeit von ihm ablenkt. Und sie bemerkt, wie verdreht und verbogen sie sich hat, damit es für ihn passt.

Kristallklar sieht sie nun, wie negativ sie sich verändert hat.

Verbesserung wird angestrebt

Sie versucht, den Gesprächen eine neue Wendung zu geben.
Ihre Forderung nach einer Veränderung innerhalb der Beziehung spricht sie mit Nachdruck an. Leider führen diese Aussprachen zu noch mehr Ablehnung, Abwertung, Ignoranz und Spott ihr gegenüber. Ihre Wahrnehmung wird als vollkommen übertrieben abgelehnt. Er wäre ein guter Partner mit einer Frau, die dauernd krank ist, das solle sie bitte bedenken. Verzweifelt versucht sie vergangene Verletzungen aufzuzählen, um ihm klar zu machen, dass sie nicht übertreibt und er auch schon früher verletzendes Verhalten gezeigt hat. Sie merkt jedoch schnell, dass diese Beispiele nicht zählen. Seine Erinnerung an diese schmerzhaften Momente sind anderslautend oder haben gar nicht stattgefunden.
Obwohl sie an ihrer Wahrnehmung zweifelt, stellt sie erstaunt fest, dass sie diese verwirrende Gesprächsführung von früher kennt. Bisher dachte sie, dass es Missverständnisse seien, die ausgeräumt werden müssten. Jetzt bemerkt sie, dass er viele Ungereimtheiten bewusst einfließen lässt, nur um vom Thema abzulenken.
Das Ende dieser Auseinandersetzungen sind immer gleich. Sie könne ja gehen, wenn ihr etwas nicht passt. Diesen Satz hat sie schon öfter gehört, aber das wollte sie doch nie. Diesen Weg möchte sie auch heute nicht gehen und lenkt ein.

Der Narzisst und die Frauenwelt
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Evelina Blum
Das Buch stellt das Wesen der emotionalen Partnerschaftsgewalt klar und deutlich heraus. Die Folgen für das Opfer werden detailliert beschrieben.
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Erpressung

Obwohl sie gern ein grünes Sofa möchte, akzeptiert sie nun ein rotes Sofa.
Dieses ist ja auch schön und er wollte schon immer eines in dieser Farbe. In seiner vorherigen Beziehung hatte die Ex alles bestimmt, das möchte sie nun besser machen und lenkt sie ein. Trotzdem wird sie mit dem roten Sofa nicht froh. Bei der nächsten Anschaffung versucht sie deshalb einen Kompromiss auszuhandeln, aber auch hier ist keine Einigung möglich. Wenn sie etwas nicht möchte, kann sie ja gehen. Er braucht diese Beziehung nicht.
Sie versteht die Welt nicht mehr. Er nimmt keinerlei Rücksicht und setzt wegen Kleinigkeiten die ganze Beziehung aufs Spiel. Sie ist verletzt und entsetzt! Nach diesen ernsten Auseinandersetzungen folgen zwar immer wieder diese wundervollen verliebten Zeiten, aber sie versteht nicht mehr, wie er nach diesen Streitgesprächen so einfach zum Alltag übergehen kann.

Wegen banaler Situationen werden jetzt Trennungsgespräche geführt, die sie verzweifelt und traurig zurücklassen. Ihm scheinen diese Gespräche kaum etwas auszumachen. Kinder, Sofas, alles, was nicht stimmt, wird dafür hergenommen. Ihr allein wird die Schuld an den Unstimmigkeiten im Alltagsgeschehen zugeschoben. Sie beginnt, sich noch mehr aufzureiben und nachzugeben, um die Harmonie zu bewahren.

Sie kann jetzt nicht einfach aufgeben. Zu viel Herzblut hat sie bereits in diese Beziehung investiert.

Manipulation und Eigennutz

Nun fühlt er sich sicher und beginnt zu taktieren. Wenn du nicht ... , dann ich ...
Sie erkennt, dass er sich ganz bewusst nicht an die getroffenen Absprachen hält und sie weiterhin belügt, obwohl sie ein ständiges Entgegenkommen zeigt. Er sagt, dass er sie liebt und ist trotzdem bereit, wegen Nichtigkeiten die ganze Beziehung zu beenden. Emotionale Erpressung in Reinform, die sie nicht mehr ignorieren kann. Dass seine Taten nur selten zu seinen Aussagen passen, ist ihr schon vor längerer Zeit aufgefallen.

Sie hat sie sich weiter im Internet umgesehen und neue Informationen aus dem Netz gezogen. Wiederum hat sie viele Artikel über Narzissmus gelesen und Videos angeschaut, aber das darf doch nicht sein. Bei intensiver Betrachtung sind diese Personen Gewalttäter und Gewalt tut er ihr bestimmt nicht an. Sie glaubt es nicht.
Aber diesen Kraftakt hält sie auch nicht mehr lange durch. Kleine körperliche Beschwerden wachsen sich jetzt so richtig aus. Nichtige Unpässlichkeiten manifestieren sich zu ausufernden Krankheitsmustern. Beim nächsten Streit, als er nach den Schlüsseln greift, sagt sie ihm, dass er wegbleiben soll.

Sie will nicht mehr. Diese Reaktion kennt er nicht von ihr.

Honeymoon und offene Gewalt

Ihm wird bewusst, dass er zu weit gegangen ist und rudert zurück. Er möchte seine Partnerin, die mittlerweile schon längst zu einem Opfer geworden ist, nicht verlieren. Die Beziehung macht ihm Spaß. Er drückt Knöpfe und sie reagiert, wie er möchte und wie er es für richtig hält. Aus Neid und Missgunst bringt er sie dazu, sich selbst, ihre Familie und die Kinder zu vernachlässigen. So etwas findet er nicht an jeder Ecke.
Wenn er sich bisher nie entschuldigt hat, tut er es jetzt. Er erklärt ihr, was für ein Idiot er ist, und sie schmilzt dahin. Er packt die erste Liebe wieder aus und sie gehen dem Licht entgegen und versuchen einen Neustart. Alles soll anders werden.

Sie ist jetzt nicht mehr so leicht zu beeindrucken, aber wenigstens möchte er sich ändern und ist nicht jemand, der emotionale Gewalt anwendet. Sie wird sich mehr durchzusetzen und ihre starke Seite zeigen, aber ihr Nervenkostüm hat gelitten. Das ganze Ausmaß der emotionalen Zerstörung macht sich nun bemerkbar. Die schönen Phasen nach einem Streit als Wiedergutmachung helfen ihr nicht mehr. Jede kleine Auseinandersetzung wird zur Zerreißprobe. Die zunehmende psychische, seelische und körperliche Belastung ist kaum noch auszuhalten.

Das Opfer und wird zum Täter.

Kampf um Wertschätzung

An seinem perfiden Verhalten sieht sie, dass auch er zunehmend aggressiver reagiert. Heimlichtuerei und versteckte Unwahrheiten sind weiterhin an der Tagesordnung, aber diese werden jetzt offen gezeigt, damit sie merken soll - hier stimmt etwas nicht. Doch jedes Mal, wenn sie über eine Trennung nachdenkt, weiß er ganz genau, wie er sie wieder zurückholen kann. Und jedes Mal beginnt eine neue Verliebtheitsphase, in der sie hofft und betet, dass er begreift, was er mit ihr verlieren wird.

Vehement versucht sie jetzt, gravierende Veränderungen herbeizuführen. Sie zeigt ihm auf, dass er sie verletzt und dass es sie schmerzt, wenn er sich über sie lustig macht und sie in Anwesenheit von Freunden und Bekannten abwertet.
Er versteht nicht. Und er versteht sie wirklich nicht. Er kann keine Gefühle lesen. Sie erklärt und erklärt, und obwohl er nicht versteht, weiß er, dass er etwas ändern muss. Er bemüht sich, da er von allein kein netter Mensch sein kann. Aber schon bei der nächsten Gelegenheit merkt sie, dass sie ihm alles wieder neu auseinandersetzen muss, weil sich die Situation geringfügig verändert darstellt. Sie hat Geduld.

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Evelina Blum
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Ignoranz und falsche Wahrnehmung

Seine Ignoranz ihr gegenüber nimmt trotzdem nicht ab, sondern verstärkt sich mit jedem Tag mehr. Nicht nur auf ihrer Seite wachsen die Bedenken und der Ärger. Die Zeichen stehen auf Sturm. Sie beginnt sich zu fragen, was ihr diese Beziehung unter diesen Bedingungen noch bringen soll, außer Schmerz und Abwertung. Ihre Wertschätzung und Bewunderung für diesen Mann nimmt ständig ab.
Statt jetzt für Besserung zu sorgen, droht dieser mit Liebesentzug und zunehmender Abwesenheit. Dieses Verhalten hatte er vorher schon gezeigt, um den gemeinsamen Gesprächen aus dem Weg zu gehen. Jetzt fragt sie sich, ob er sie bewusst meidet, um sich nach einer neuen Quelle der Bewunderung umzusehen. Sie versucht, mit ihm darüber zu reden und erklärt ihm, dass sie sich durch sein Verhalten bestraft fühlt.
Ihre Wahrnehmung ist und bleibt für ihn jedoch ein Problem. Wenn sie Fragen, Kritik und Vorwürfe an ihn richtet, ist es immer nur sie, die die Dinge falsch sieht. "Sie würde ihn völlig unzulänglich interpretieren." Alles wäre nicht so, wie sie meint, und sie solle doch endlich einmal Ruhe geben. Jetzt fragt sie sich wirklich, ob ihre Wahrnehmung noch in Ordnung ist.

Wenn sie mit anderen Personen über ihre Probleme spricht und ihre Bedenken äußert, wird sie beruhigt. "Er sei doch ein ganz lieber Mensch, was sie denn noch wolle?" Sie solle nicht zuviel nachdenken." Sie möchte eigentlich gar nichts mehr denken und gehen, aber wenn sie an die Konsequenzen denkt, kommt Panik hoch.

Selbstaufgabe?

Das Gefühl, verlassen zu werden oder selbst gehen zu wollen, greift immer mehr um sich. Sie redet kaum noch über ihre Beziehung und ihre Sorgen. Schon längst schämt sie sich vor sich selbst, wie schwach sie doch ist, weil sie keinen Ausweg aus dieser absurden Situation findet.
Irgendwann kommt jedoch der Zeitpunkt, an dem sie erkennen muss, dass es so nicht weitergehen kann. Ihre richtige Wahrnehmung kann die vielen Vorkommnisse nicht mehr außer Kraft setzen.

Die Tatsachen, die er schafft, tun weh.
Seine Worte tun weh. Die perfide Ignoranz wird bald nicht mehr auszuhalten sein. Die Verletzungen nehmen weiter zu. Irgendwann müssen tatsächlich Konsequenzen gezogen werden, aber nicht heute!

... aber das ist der falsche Weg, das Problem zu lösen.

@evelina.blum