Warum ist eine Trennung von einem Narzissten so schwer?

Die Beziehung mit einem Narzissten ist geprägt von Abwertung und einer tiefen Hoffnungslosigkeit, die das Opfer heimsucht. Doch warum ist es dann so schwer, diesen Partner zu verlassen?

Am Anfang scheint noch alles perfekt und der spätere Aggressor überschüttet die Partnerin mit Aufmerksamkeit und Liebe. Diese gewinnbringende Zeit prägt sich ebenso ein wie der Missbrauch. Dieser wird fortgesetzt und vom Opfer toleriert.

Narzissmus innerhalb der Partnerschaft äußert sich vor allem darin, dass Narzissten den Anspruch haben, die Partnerin müsse die eigenen Wünsche und Erwartungen erfüllen und dürfe umgekehrt keine Anforderungen stellen. Fühlen sie sich gekränkt, reagieren sie mit Rache und sehen den Partner sofort als Feind, dem sie versuchen, Schmerz zuzufügen. Sie verhalten sich hoch manipulativ, empathielos und absolut ausbeuterisch. Deshalb ist eine funktionierende Beziehung mit einem Narzissten nur von kurzer Dauer.
Die Betroffene führt einen aussichtslosen Kampf um Liebe und Geborgenheit; und gibt innerhalb dieser Gewaltbeziehung das Recht auf, ein Leben in Selbstbestimmung zu führen. Dieser Vorgang geschieht manchmal so unbemerkt, dass es dem Opfer gar nicht auffällt.

Ich komme nicht von ihm los!

Eine Abhängigkeit schleicht sich ein, weil man sich ein Leben ohne diesen Lebensinhalt nachher gar nicht mehr vorstellen kann. Die gelebte Beziehungsstruktur wird selten hinterfragt und die Betroffene wird in eine Ecke gedrängt, in der sie eigentlich nicht stehen will. Trotzdem passt sie sich den Begebenheiten an und verändert sich. Es gibt viele Gründe, sich freiwillig in diese Ecke zu begeben. Angewendete Partnerschaftsgewalt ist nur einer davon; die Freiwilligkeit des Opfers ein anderer.

Verschiedene Ausgangs-Situationen innerhalb einer narzisstischen Beziehung

  • Die Unkenntnis des Opfers

    Die Betroffene kann diese Vorgänge oft nicht richtig zuordnen.

    Die Partnerin hält viele Vorkommnisse stattdessen für ein normales Alltagsproblem, welches sich irgendwann von alleine lösen wird. Da keine körperliche Gewalt eingesetzt wird, werden die verbalen Attacken als weniger schwerwiegend abgetan und verzweifelt versucht sie, eine trügerische Harmonie herzustellen. Gelingt ihr dies nicht, hält sie sich selbst für die Ursache des Problems.
    Unterstützt wird sie darin vom Aggressor, der dieses Denken konsequent fördert und ihr die gesamte Schuld an den Schwierigkeiten der Beziehung zuschiebt.

  • Ausharren um jeden Preis

    Viele bleiben ebenfalls in der Beziehung, weil sie glauben, der narzisstische Partner würde sich für sie verändern. Nur in seltenen Fällen sind Menschen mit dieser Persönlichkeitsstörung jedoch dazu bereit. Narzissten zeigen meistens keine Einsicht hinsichtlich ihres rücksichtslosen und verletzenden Verhaltens. Sie sind sind von der Richtigkeit ihrer Handlungen absolut überzeugt.
    Wird die Betroffene das erste Mal mit dieser Gewaltform konfrontiert, lebt sie oft zwischen Hoffen und Bangen. Immer wieder erklärt sie dem narzisstischen Part aufs Neue die Spielregeln einer liebevollen Beziehung und harrt neben ihm aus. Diese Einstellung wird schnell zum Lebensinhalt und zu einer Lebensaufgabe, die sie vom Aggressor abhängig macht. Da sich Ihr ganzes Denken nur noch um ihn dreht, gibt sie Ihr eigenes Leben freiwillig auf.
    Verlässt sie diese Beziehung und geht wiederum eine andere Partnerschaft mit einem Narzissten ein, werden diese Anstrengungen sogar noch eifriger fortgesetzt. Ein vollkommen unrealistisches Unterfangen. Narzissten ändern sich nicht.

  • Wiederholungsfall

    Die Betroffene stellt fest, dass sie sich nicht das erste Mal in einer destruktiven Beziehung befindet. Schon wieder hat sie einen Partner gewählt, der ein destruktives Verhaltensmuster zeigt.
    Sie hat nicht aufgearbeitet, was in den vergangenen Partnerschaften passiert ist und warum sie sich wiederum in die gleiche Situation begibt und dort verbleibt.
    Wer sich mehrfach in einer narzisstischen Beziehung wiederfindet, sollte sich mit der eigenen Kindheit beschäftigen und nach Verhaltensstrukturen suchen, die ein Verbleiben in einer toxischen Umgebung möglich machen. Nicht die Eltern sollen verurteilt werden, sondern nur die erlernten Verhaltensmuster sollten betrachtet werden.

  • Rückfall

    Die Betroffene geht freiwillig immer wieder in die gleiche Beziehung zurück und hat für sich keine Strategie entwickelt, die sie davor schützt. Sie hat für sich nicht geklärt, warum sie sich dieses Leid selbst antut. Die Liebe zum Aggressor wird zum erklärten Lebensinhalt und sie vernachlässigt alles andere. Ihr Leben wird zu einer einzigen Baustelle und ihre ganze Energie verschwendet sie an den narzisstischen Partner.
    Die Beziehung mit ihm wird nach jeder Rückkehr schmerzhafter und erfordert noch mehr Anpassung an das toxische Umfeld.

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Wo soll ich die Gründe für meine Abhängigkeit suchen?

Warum kann ich mich nicht trennen?

Es gibt viele Ursachen für dieses selbstzerstörerische Verhalten. Einige Möglichkeiten werden hier genannt, um die Muster aufzuzeigen. Natürlich gibt es für jede Betroffene einen ganz anderen, individuellen Hintergrund.

  • Muttergefühle

    Viele abhängige Verhaltensmuster sind einer Frau zu eigen oder wurden in der Kindheit erlernt. Sie ist es gewohnt, für das schlechte Benehmen anderer Personen eine passende Entschuldigung zu finden, um trotzdem respektvoll mit ihnen umzugehen. Dieses Verhalten ist beispielsweise für eine Mutter die Grundvoraussetzung.
    Oft haben viele Narzissten eine Persönlichkeitsstörung, die sich im Alter von 5 oder 6 Jahren manifestiert. Die soziale Kompetenz wird eingestellt oder stetig heruntergefahren. Als Erwachsener benimmt er sich immer noch wie ein fünfjähriges Kind und die Partnerin reagiert mit verstärkter Nachsicht. Viele haben sogar das Gefühl ein weiteres Kind, zusätzlich zum eigenen Nachwuchs zu haben und werden vom narzisstischen Partner unverhältnismäßig oft als Mutter statt als Partnerin gesehen.
    Wenn sie sich trennen will, entfalten sich massive Schuldgefühle, die sie wiederum an die Beziehung binden.

  • Kindheitserinnerungen

    Viele kennen das Verhalten ihres Partners schon aus ihrer Kindheit. Es wurde Ihnen von den Eltern oder anderen Bezugspersonen vorgelebt. Es ist für sie annehmbar, weil es etwas ist, was sie gewohnt sind.
    Die Jahre vergehen und ihre eigene Beziehung hängt immer an gleichen Problemen fest. Ein Leben ohne den Partner erscheint jedoch sinnlos. Trennungsgespräche sind zwar an der Tagesordnung, aber man geht einfach wieder zum Alltag über. Eine Lösung steht nicht im Raum.

  • Angst vor Veränderungen

    Der aktive Kampf gegen das destruktive Verhalten würde Konsequenzen mit sich bringen, die das Opfer nicht tragen will. Eine Trennung kommt nicht infrage. (Sozialer Abstieg, Verlust von Ansehen, Verlust von materiellen Werten). Aus Angst vor diesen Konsequenzen ist die Frau bereit, alles hinzunehmen und findet für sich Lösungen, ihre Situation zu ertragen. Psychosomatische Krankheiten und der Griff zur Flasche mit eingeschlossen.
    Wieder andere wollen ihrem Leben keine andere Wendung geben, weil sie ihrem Nachwuchs die gute Kindheit erhalten möchten. Sie wollen warten, bis die Kinder alt genug sind. Nichts bringt das Opfer von dieser selbst gewählten Einstellung ab. Dabei gibt es nichts Schlimmeres als zuzusehen, was ihre Mutter in dieser Zeit alles erdulden muss.
    Diese Einstellung kann dazu führen, dass die Mutter ihre Abwertung zwar hinnimmt, die Kinder sich jedoch auf der Seite des Vaters einfinden. Kommt es dann zu einer Trennung, bleiben diese oft bei ihm, da sie sich mit dem stärkeren Part identifizieren.

  • Beziehungssucht

    Viele betroffene Frauen können durch den Gedanken, ihren Partner zu verlieren, in Angst und Schrecken versetzt werden. Allein zu leben ist für sie schlimmer, als Partnerschaftsgewalt erleben zu müssen. Für die destruktiven Verhaltensweisen des Partners werden die wildesten Entschuldigungen gefunden, um ein Verbleiben in der Partnerschaft zu rechtfertigen. In schweren Fällen kann dieses Denken in einer Beziehungssucht enden. Diese kann auch schon vorher bestanden haben und die Betroffenen hatten Glück, bisher keinem Narzissten begegnet zu sein.

  • fehlendes Selbstbewusstsein

    Die Partnerin kann sich nicht vorstellen, wertvoll genug zu sein, um aufgrund ihrer Persönlichkeit geliebt zu werden. Erlebnisse in ihrer Kindheit haben sie vielleicht zu dieser Überzeugung gebracht und viele Gedankengänge gehen beständig in diese Richtung. Viele haben auch schon massives Mobbing in der Schule oder im Kindergarten erlebt.
    Mit der Aufopferung für einen Partner kompensieren sie oft dieses Verhalten. Die Betroffene fühlt sich gebraucht und geliebt für etwas, was sie für andere tut und bezieht daraus ihren Selbstwert. Dass sie in einer narzisstischen Beziehung kaum etwas zurückerhält, empfindet sie als normal, weil sie längst akzeptiert, nichts anderes verdient zu haben.

  • Helfersyndrom

    Manche verlieren sich aufgrund ihres geringen Selbstbewusstseins auch im Helfersyndrom und zur Taktik des Aggressors gehört es, den Hilflosen zu spielen. Besonders am Anfang, bevor das destruktive Verhalten Oberhand gewinnt, setzt er dieses Auftreten ein. Obwohl er scheinbar die Hilfe der Partnerin annimmt, gibt er seine Destruktivität nicht auf. Die Betroffene versucht Ihren Partner trotzdem zu retten, auch wenn sie scheinbar mit ihm untergeht. Gelingt ihr dieses Unterfangen nicht, sucht sie die Schuld bei sich.

  • angepasstes Verhalten

    Die Betroffene ist übermäßig angepasst erzogen worden. Wichtige Bezugspersonen hatten immer recht und deren Ansichten und Beweggründe wurden selten hinterfragt. Sich aufzulehnen kam ihnen gar nicht in den Sinn.
    Das schlechte Verhalten des narzisstischen Partners wird deshalb für lange Zeit nicht infrage gestellt und nur ganz selten verurteilt. Die Ausführungen des Aggressors werden hingenommen als etwas Unausweichliches.
    Haushalt, Kinder, Urlaub oder der reibungslose Ablauf der Partnerschaft steht im Vordergrund. Die Partnerin lässt zu, dass jede Verantwortung an sie übergeben wird und übernimmt automatisch die Schuld, wenn etwas nicht klappt. Sie nimmt die Vorgaben des Partners als gegeben hin und hinterfragt selten die Entscheidungen des Narzissten.

  • Ich gebe niemals auf

    Die Betroffene fühlt sich verpflichtet, den Aggressor zur Einsicht zu bringen. Damit hofft sie auf eine bessere Partnerschaft und verbleibt, weil sie ihren Partner liebt und die Beziehung nicht aufgeben will. Sie hat alles in ihrem Leben geschafft, also wird sie dieses Problem auch lösen. Ein Versagen kommt nicht infrage. In der Folge zeigt sie noch mehr Bereitschaft, den Partner ändern zu wollen, um dieses Problem gleich mit zu lösen. Ein Trugschluss.
    Die Betroffene bemerkt zwar, wie ihr alles weggleitet, wird aber von ihrer Familie oder ihren eigenen Glaubenssätzen dazu aufgefordert, die Beziehung fortzusetzen.

  • Depressionen

    Honeymoon und Verachtung wechseln sich ab und das Opfer bekommt immer wieder Zeit, sich zu regenerieren. Irgendwann fühlt sich die Betroffene erschöpft, rastlos, krank und minderwertig. Depressionen und körperliche Beschwerden überschatten die Partnerschaft und bringen den schwächeren Part an seine Grenzen. Diskussionen um die immer gleichen Themen enden im Nichts.
    Den körperlichen Zusammenbruch vor Augen traut sich das Opfer bald gar nichts mehr zu. Sich aus der Beziehung zu lösen und ein neues Leben anzustreben, fühlt sich falsch an.

  • Angst vor der Zukunft 

    Ein weiterer Grund kann sein, dass die Betroffene nie alleine gelebt hat und nicht weiß, wie sie ihre Zukunft gestalten soll. In einer schlechten Beziehung gefangen, versucht sie das Beste aus ihrem Leben zu machen. Was natürlich nicht gelingt.
    Wieder andere denken, sie könnten keinen anderen Partner mehr so lieben wie diesen einen. Nach der Trennung wäre das Leben für sie am Ende. Lieber ertragen sie die Last der emotionalen Misshandlung und können ihrem Ärger kaum Luft machen. Nicht selten erfolgt hier der Griff zur Flasche. Sich weiter für den narzisstischen Partner aufzuopfern scheint unvermeidbar.
    Viele Opfer mit dieser Einstellung werden eines Tages von ihrem destruktiven Partner verlassen und reagieren dann vollkommen verbittert. Der Narzisst wird sich undankbar zeigen und sich nur an die schlechten Charaktereigenschaften seines Opfers erinnern.

Übersicht über mein Beratungsangebot

Evelina Blum
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Körperliche Gewalt wird eingesetzt

Oft mündet der Einsatz von emotionalen Übergriffen in körperliche Gewalt.
Natürlich hofft die betroffene Frau dies nie erleben zu müssen und setzt sich das Ziel, den Aggressor in diesem Fall sofort zu verlassen. Schlägt er eines Tages tatsächlich zu, werden jedoch eilig neue Gründe gefunden, die sein Verhalten rechtfertigen.
Oft genug landet das Opfer im Krankenhaus, während der aggressiv gewordene Partner noch nicht einmal einen blauen Fleck davon trägt. Trotzdem fühlt die Betroffene sich schuldig an den Vorkommnissen. Sie entschuldigt sich beim Aggressor für ihr scheinbar übergriffiges Verhalten, was dazu geführt hat, von ihm geschlagen zu werden.

Ein Narzisst weiß sehr genau, wie er dieses Schuldgefühl auslösen kann; und vernebelt von Schuld und Missbrauch, glaubt ihm das Opfer und sucht eine Wiedergutmachung. Der Übergriff wird polizeilich gar nicht erst zur Anzeige gebracht oder unter der Einwirkung des narzisstischen Partners wieder zurückzurückgezogen.

 

Wie lange bleibe ich noch? 

Unter den oben beschriebenen Einflüssen entsteht eine Dynamik, in der fortgesetzt verbale, emotionale und besonders psychisch schädigende Gewalt eingesetzt wird. Diese Struktur verwandelt Dich in einen Menschen, der sich selbst nicht so wichtig nimmt, weil er sich emotional nicht gehört, gesehen oder wahrgenommen fühlt.

Wer auf dieser Welt ist aber wichtig? Du verbringst dein ganzes Leben mit dir selbst. Du bist wichtig! Vergiss das bitte nicht. Vertrau auf Dich und geh, wenn Deine Zeit dafür gekommen ist.

@Evelina Blum

evelina.blum